Polnischer Historiker verlässt Beirat der Vertriebenen-Stiftung

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Tomasz Szarota Foto: Mariusz Kubik

Tomasz Szarota Foto: Mariusz Kubik,

Der polnische Historiker Tomasz Szarota hat seinen Rückzug aus dem wissenschaftlichen Beirat der Stiftung Flucht, Vertreibung und Versöhnung erklärt. Ihm seien zunehmend Zweifel an der Ausrichtung und Außendarstellung des Zentrums gekommen und er befürchte nun, die Deutschen würden sich hier als zweites großes Opfer neben dem Holocaust darstellen. Für ihn als Polen sei es inakzeptabel, dass das Zentrum zum Thema haben werde, wie sehr die Deutschen gelitten haben, während, die Polen aber nicht als Opfer, sondern als Täter präsentiert würden.

Szarota hat seine Entscheidung Kulturstaatsminister Bern Neumann inzwischen mitgeteilt, ohne weitere Gründe zu nennen. Da die Vorgänge um die Stiftung in der polnischen Öffentlichkeit mit großer Aufmerksamkeit registriert werden, ist dort auch der unsägliche Brief des CDU-Europaabgeordneten Daniel Caspary nicht unbemerkt geblieben. Das politische Warschau bringt Szarotas Rücktritt damit in Zusammenhang. Caspary hatte in einem von 16 weiteren Christdemokraten des Europäischen Parlaments unterschriebenen Brief an das Auswärtige Amt hatten Caspary und sich bei Westerwelle beklagt, dass zwar immer wieder auf die Vergangenheit von Erika Steinbach verwiesen werde, die Lebensläufe und Hintergründe der polnischen Stiftungsmitglieder jedoch ausgeblendet würden.

Blamabel an dem Schreiben ist die Tatsache, dass es keine ausländischen Mitglieder im Stiftungsrat gibt. In dem Brief wurden mangels Sachkenntnis offenbar der Stiftungsrat und der wissenschaftliche Beirat verwechselt. Was wie eine Provinzposse wirkte, weitet sich nun aus, aus der Blamage wird ein politischer Sprengsatz, denn wer sich in seiner persönlichen und wissenschaftlichen Reputation von einem Teil der Regierungspartei (Unterzeichnende waren u.a: Markus Ferber – Vorsitzender der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament, Monika Hohlmeier  – CSU, Manfred Weber Vizefraktionschef der Europäischen Volkspartei) dermaßen unter Generalverdacht gestellt wird, hat kaum eine andere Wahl, als das Gremium, das erst am Montag seine Tätigkeit begonnen hat, zu verlassen.

Klar ist auch, dass die Mitarbeit an einem von Mitgliedern der Kanzlerpartei derart hinterfragten Gremium für polnische Wissenschaftler unmöglich wird, auch wenn die polnische Regierung diese Mitarbeit ausdrücklich begrüßt hatte und die Stiftung weiter hofft, einen polnischen Wissenschaftler gewinnen zu können. So beginnt neben dem Streit um die Personalie Steinbach der Stiftung nun auch noch die Legitimation wegzubröckeln

Seine Entscheidung sei endgültig, betonte der Historiker von der Polnischen Akademie der Wissenschaften dessen Spezialgebiet die Geschichte des Zweiten Weltkriegs ist.

Die polnische Zeitung „Gazeta Wyborcza“ hatte in ihrer Mittwochsausgabe über den Rücktritt berichtet. In einem Interview mit der deutschen Nachrichtenagentur DPA  kritisierte Szarota das sowohl das Konzept als auch die personelle Zusammensetzung der Stiftungsgremien. Immer mehr schiene die deutsche Seite die Heimatvertreibung für „eines der schrecklichsten Ereignisse des Zweiten Weltkrieges“. Für ihn sei dagegen der Tod von  Millionen Polen, „die Vertreibung aus dem Leben“ schlimmer gewesen, sagte der Historiker. Sein Vater war zu Beginn des Krieges 1939 noch vor seiner Geburt von den Nationalsozialisten ermordet worden.

Artikel der Gazeta Wyborcza:

http://wiadomosci.gazeta.pl/Wiadomosci/1,81048,7370419,Niemcy__Ubolewania_z_powodu_rezygnacji_polskiego_historyka.html

http://wyborcza.pl/1,76842,7368888,Muzeum_wypedzonych_bez_polskiego_historyka.html


Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".