Polen erinnert 2014 im Jan-Karski-Jahr eine außergewöhnliche Persönlichkeit anlässlich des hundertsten Geburtstags. Der polnische Diplomat, Widerstandskämpfer und Zeitzeuge Jan Karski würde am 24. April 2014 seinen 100. Geburtstag begehen.
Kaum ein anderer polnischer Widerstandskämpfer im Zweiten Weltkrieg wurde so zur Figur des tragischen Helden wie Jan Karski, dessen Bericht von der Judenvernichtung niemand in den USA und Großbritannien offiziell Glauben schenken wollte. 1914 als Jan Romuald Kozielewski in der multiethnischen Textilmetropole Lodz (Lodsch) geboren, wuchs er in einer einfachen katholischen Familie in einem jüdischen Stadtviertel auf. Dank der Position seines ältesten Bruders konnte er später studieren. Den Tarnnamen Karski legte sich der junge Diplomat 1942 zu, als er für die polnische Untergrundarmee Armia Krajowa (AK) zu seiner letzten und gefährlichsten Mission aufbrach.
Zuvor war er bereits als Kurier für die Exilregierung in London tätig. In Frankreich wurde er von der Gestapo festgesetzt und gefoltert, konnte aber nach einem Selbstmordversuch fliehen, um dann seine Untergrundarbeit fortzusetzen. Nun sollte er einen Bericht über die Situation im Land und über die Vernichtung der Juden anfertigen. Er ließ sich unter anderem in das Warschauer Getto und das Konzentrationslager Izbica Lubelska einschleusen, wo er das Elend der Judenvernichtung miterlebte. Nach seiner abenteuerlichen Flucht über den gesamten Kontinent gelangte er zunächst nach London und später in die USA, um sowohl der polnischen Exilregierung als auch dem britischen Außenminister Anthony Eden und dem US-amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt Bericht zu erstatten. Trotz all seiner Bemühungen schenkten ihm beide keinen Glauben. Karski wurde später Ehrenbürger von Israel und erhielt den Titel „Gerechter unter den Völkern“. Er starb im Jahr 2000 in seiner Wahlheimat Washington D.C.
Das Muzeum Historii Polski (Polnisches Historisches Museum) ist hauptverantwortlich für die Veranstaltungen im Karski-Jahr. Die offiziellen Feierlichkeiten begannen am 8. Januar mit einer Konferenz und Ausstellung im Europarlament in Brüssel. Die Wanderausstellung soll auch in anderen europäischen Hauptstädten gezeigt werden, darunter auch in Berlin. Das Museum hat bereits vor zwei Jahren ein Web-Projekt im google Cultural Insitute erstellt, das umfangreich auch in deutscher Sprache über Jan Karski informiert.
Informationen zum Jan Karski-Jahr:
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