Polen: Streit um den Begräbnisort Wawel

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Immer mehr prominente Persönlichkeiten aus aller Welt geben ihre Teilnahme am Staatsakt am Sonntag bekannt. Neben  US-Präsident Obama, dem französischen Präsidenten Sarkozy, dem russischen Präsidenent Medwedew,  so werden der britische Thronfolger Prinz Charles, der schwedische König Karl XVI., die dänische Königin Maragrethe, König Harald von Norwegen, Gustav für Spanien neben Premier Zapatero auch König Juan Carlos anreisen, dazu aus der Ukraine der amtierende und der ehemalige Präsident Wiktor Janukowycz und Wiktor Juszczenko und die Präsidenten Litauens, Estlands,  Georgiens, Bulgariens, Israels Tschechiens, Israels, Rumäniens, Ungarns, Bulgariens, Albaniens, Mazedoniens, des Kosovo und Moldawiens. Wie bereits berichtet, werden Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel die Bundesrepublik Deutschland vertreten. Weiter werden der kanadische Premier Stephen Parker, der indische Außenminister Somanahalli Mallaiah Krishna und von der EU Jerzy Buzek, Herman Van Rompuy und Jose Manuel Barroso, von der NATO Anders Fogh Rasmussen anreisen. Als erste Reaktion auf das tragische Unglück werden Bundespräsident Köhlerin und Bundeskanzlerin Merkel in zwei Maschinen getrennt anreisen.

Fast mit Rührung nahm man in Polen eine deutsche Geste wahr: Die Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Sir Simon Rattle werden am Sonntag aus Solidarität mit den trauernden Polen nach Krakau fahren und dort auf dem Stary Rynek  die „Metamorphosen“ von Richard Strauss spielen.
Bei diesem Staatsakt werden erstmals seit vielen Jahren Vertreter Russlands und Georgiens, der USA und des Irans, Israels und der Palästinenser nebeneinanderstehen.

Inzwischen gehen die Diskussionen um die Beisetzung des Präsidentenpaares im Wawel weiter. Filmikone Andrzej Wajda meldete sich mit einem offenen Brief in der Gazeta Wyborcza zu Wort, in dem er appellierte, man möge doch auf den Wawel verzichten, denn das würdfe das gerade in Trauer vereinte Polen teilen.  Zbigniew Brzezinski, der ehemalige Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter und bekanntester Amerikaner polnischer Abstammung plädierte für ein symbolisches Grab im Wawel. Ex-Außenminister Wladislaw Bartoszewski sagte: „Der Wawel ist ein Ort für Könige und Nationalhelden. Warschauer Präsidenten wurden bis heute in Warschau beerdigt.“

Der Staatsminister in der Präsidialkanzlei Jacek Sasin verteidigte die Entscheidung. Man müsse sich nur anschauen, was sich vor dem Präsidentenpalast abspiele. Die Polen bewies dort, welche Bedeutung der Tod des Präsidenten für sie habe. Er denke, die Diskussion über das Begräbnis sei jetzt nicht ganz passend. Als der Sarg des Präsidenten in Warschau ankam, seien 800 000 Menschen auf den Straßen gewesen. Jetzt würden einige Hundert gegen die Entscheidung protestieren. Er denke, das zeige das Verhältnis, erklärte Sasin.

Unterdessen laufen in Krakau die Vorbereitungen auf das Begäbnis am Sonntag, das auf Leinwänden in der ganzen Stadt übertragen werden soll. Es werden mehrere hunderttausend Menschen erwartet.
Für die Anreise zu den Trauerfeiern am Samstag in Warschau und am Sonntag in Krakau setzt die polnische Bahn PKP Sonderzüge ein. Einer komplette Liste kann hier herunter geladen werden.

Nach wie vor ungeklärt ist die Unfallursache. Zwei der Flugschreiber mit technischen Daten und den Cockpitgesprächen wurden von Russen und Polen gemeinsam in Russland ausgewertet.  Die dritte Blackbox mit den Aufzeichnungen der Gespräche und Geräusche aus dem Passagierraum wird heute nach Polen gebracht und dort ausgewertet. Diese Auswertungen ergaben, dass die Piloten den Anweisungen und Vorschlägen der Flugaufsicht in Smolensk nicht folgten, daher betrachtet die Russen einen Pilotenfehler als Ursache des Absturzes. So weit sind die Schlussfolgerungen unbestritten. Fraglich bleibt nun „nur“ noch, warum die Piloten trotzdem zu landen versuchten.
Hier kommt nun die dritte Blackbox mit den Aufzeichnungen aus dem Passagierraum ins Spiel. Sollte also Kaczynski oder der Luftwaffenoberkommandierende den Befehl zur Landung gegeben haben, müsste die Blackbox diesen Befehl aufgezeichnet haben. Öl in dieses Feuer goss der weißrussische Präsident Lukashenka. Er sagte der Nachrichtenagentur Interfax, wenn ein Präsident mit seiner Maschine unterwegs sei, informiere ihn der Pilot über Ungewöhnliches, gefährliche Wetterlagen und außerordentliche Vorkommnisse, der Präsident habe dann die letzte Entscheidung darüber, welche der zur Verfügung stehenden Optionen gewählt werden. Der Präsident habe das letzte Wort, aber die Verantwortung läge letztlich bei den Piloten, die nicht gehorchen müssten.

Auch die beiden vorigen Präsidenten Polens Lech Walesa und Alexander Kwasniewski haben bereits bestätigt, dass das auch in Polen so üblich sei. Es gibt also Vermutungen, die dafür sprechen, dass Kaczynski über die Warnungen des Towers von Smolensk, und die Wetterbedingungen unterrichtet wurde. Möglicherweise waren die Bedingungen in Smolensk bereits seit dem Pilotenbriefing in Warschau bekannt. Ob die Öffentlichkeit die ganze Wahrheit erfahren wird, bleibt offen, denn nur die Inhalte der beiden ersten Flugschreiber werden vollständig veröffentlicht.

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Über Brigitte Jaeger-Dabek 1611 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".