Polen zwei Jahre nach der Katastrophe von Smolensk – Eine Bilanz

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Wrack der polnischen Präsidentenmaschinne nach dem Absturz bei Smolensk

Wrack der polnischen Präsidentenmaschinne nach dem Absturz bei Smolensk; Foto: Wikimedia, Bartosz Staszewski,

Am 10. April jährte sich die Katastrophe von Smolensk zu zweiten Mal. Damals starben beim Absturz der polnischen Präsidenten-maschine neben dem polnische Präsidenten Lech Kaczynski und seiner Frau 94 weitere Angehörige der polnischen Elite. Die Gruppe war unterwegs zu einer Gedenkfeier für die Opfer des Massakers von Katyn, als die Maschine beim Landeanflug auf Smolensk im Nebel abstürzte.

Längst ist der Absturz, der allen bisherigen Kenntnissen zu Folge durch Pilotenfehler und vermutlich auch Fehler auf seiten der russischen Fluglotsen verursacht wurde, in Polen zum Politikum geworden. Schamlos wird mit dem Schicksal der Opfer Politik gemacht, Verschwörungstheorien werden verbreitet und das Unglück als Mordanschlag einer obskuren Koalition Donalds Tusks und Wladimir Putins verkauft.

So ist es eigentlich auch nicht weiter verwunderlich, dass die Gedenkfeiern ein tief gespaltenes Polen zeigten. Nicht einmal der Toten konnte man gemeinsam gedenken. Die Opposition um den PiS-Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski boykottierte alle Regierungsveranstaltungen.

Ein Gruppe von Hinterbliebenen der Smolensk-Katastrophe war mit Kulturminister Bogdan Zdrojewski nach Smolensk geflogen. Die Regierunsgspitze gedachte der Toten gemeinsam mit Donald Tusk und der Warschauer Stadtpräsidentin Hanna Gronkiewicz-Waltz auf dem Warschauer Powazki-Friedhof, wo viele der Opfer ihre letzte Ruhe gefunden hatten.

Dieser Vormittagsveranstaltung folgte am Nachmittag in der Kapelle des Warschauer Präsidentenpalastes eine Gedenkmesse. Natürlich waren zu allen offiziellen Gedenkfeiern auch Jaroslaw Kaczynski, der Zwillingsbruder des verunglückten Präsidenten Lech Kaczynski sowie Marta Kaczynska, die Tochter des verstorbenen Präsidentenpaares eingeladen.

Doch die Kaczynskis und die Anhänger der Oppositionspartei PiS zogen eigene Alternativveranstaltungen vor. Bereits im Vorfeld zeigte die PiS auf ihrer Webseite eine Videobotschaft. Darin propagiert Jaroslaw Kaczynski die eigenen Veranstaltungen: eine Messe am Morgen, vor dem Präsidentenpalast werden die Opfernamen vorgelesen, ein Priester, der Gebeter und Fürbitten spricht, fügt hinzu, die Wahrheit lasse sich nicht töten. Eine große Bildschirmwand vor dem Präsidentenpalast strahlt Filme aus. Abends folgte eine Messe in der Kathedrale.

Gekrönt wurden die oppositionellen Gegenfeierlichkeiten von dem anschließenden Marsch zum Präsidentenpalast und die Rede Jaroslaw Kaczynskis. Dort erklärte Kaczynski ungeniert, sein Bruder Lech Kaczynski sei als Präsident ermordet worden.


Rede von Jaroslaw Kaczynski vor dem Präsidentenpalast.
Aus Unfallopfern werden Helden und Märtyrer gemacht.
PiS-Anhänger zündeten vor der russischen Botschaft ein Feuer an, in dem sie eine Putin-Puppe verbrannten. Darüber hing am Galgen eine Donald-Duck-Figur mit der Aufschrift „Mörder” als eine ebeso ungenierte Anspielung auf den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk. Die Präsidententochter Marta Kaczynska begab sich zu einer Gedenkfeier in die Krypta im Krakauer Königsschloss Wael, wo ihre Eltern bestattet sind.

Gemeinsames Trauern ist nicht denkbar. Rechte Gruppierungen um die PiS bezichtigten die Regierung der Verschleierung der Wahrheit bei den Untersuchungen der Absturzursache und setzt beharrlich Verschwörungstheorien in Umlauf. So stehen sich die Lager in unverhohlener Feindschaft gegenüber und hauen sich die Vorwürfe im Stakkato um die Ohren. Das führt zu riesigem medialen Interesse und hält Polen, die Gesellschaft und Politik in Atem und im Vergangenen gefangen wie eine Geisel. Die Genzen von Anstand und jeglichem auch nur minimalen Resten mitmenschlichen Respekts sind längst überschritten – als hätte das Land keiune anderen Probleme zu lösen als den Dauerstreit um die Absturzursache.

Wenn Jaroslaw Kaczynski betont, er werde „immer in Trauer sein” und das Vieles für einen Anschlag spricht”, macht er Smolensk wieder zum zentralen Thema seiner Politik und stellt klar, dass nur unter einer Kaczynski-Regierung die Wahrheit ans Licht kommen wird. Seine Theorie, Smolensk sei ein Anschlag auf seinen Bruder gewesen, um einen überaus erfolgreichen Präsidenten der IV. Republik zu beseitigen und Donald Tusk trage in jedem Fall die Verantwortung für den Tod der Gruppe ist schon deshalb schlicht absurd, weil unter den Opfern Menschen aus allen gesellschaftlichen und politischen Lagern waren. Es ist offensichtlich, dass Kaczynski den Tod seines Bruders für politische Ziele instrumentalisiert udn die Opfer missbraucht und das ist zynisch. Das sieht sogar die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita so. Im Politmagazin Newsweek betonte der Soziologe Rafal Wisniewski von der Kardinal-Stefan-Wyszynski-Universität, genug sei genug, ein Jahr Aufarbeitung und Trauer genüge, was darüberhinausgehe, sei übertrieben. In einer kürzlich für Newsweek.pl durchgeführten Studie hatten zwei Drittel der Polen angegeben, gar nicht vorzuhaben, diesen zweiten Jahrestag irgendwie feierlich zu begehen. In einem Interview mit Michal Kaminski, einem ehemaligen PiS-Politiker wird gar die Frage aufgeworfen, on sich Smolensk zu einer Art Religion entwickelt.

Inzwischen legte die PiS noch eins drauf. Am vergangenen Donnerstag brachte die Oppositionspartei im polnischen Parlament Sejm einen Antrag ein, die Regierung möge von Russland die Rückgabe des Flugzeugwracks der TU-154 fordern. Der Entwurf wurde vom Sejm abgelehnt. Bei der Debatte am Freitag appellierte Ministerpräsident Tusk, man möge doch bitte keine politischen Karrieren auf Gräbern machen. Kaczynski beshculdigte die Regierung zu hundert Prozent die politische Verantwortung für die Katastrophe zu tegen. Tusk und der neue Präsident Bronislaw Komorowski hätte nur Tage nach dem Absturz eine Kamapgne gestartet, die Polen über dem Smolenks.Disaster spalten sollte. Tusk antwortete, er habe erstaunt betrachtet, wie die PiS und Kaczynski am 10. April den zweiten Jahrestag des Absturzes und das Andenken der Verstorbenen als hauptsächlichen Weg zu einem künftigen politischen Sieg in der Zukunft missbrauchten.

Das politische Klima in Polen ist vergiftet, die beiden großen Parteien pflegen keine politische Abgrenzung oder auch Gegenerschaft mehr, sondern eine offene Feindschaft, die zur Kompromiss- und Koalitionsunfähigkeit der beiden größten Parteien Polens geführt hat.

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Über Brigitte Jaeger-Dabek 1605 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".