Und er zieht sie wieder, die deutsche Karte. Für einen Wahlsieg ist Jaroslaw Kaczynski (PiS) kein angerichteter Schaden zu groß. In seinem vor einigen Tagen erschienenen Buch „Polska naszych marzen/Das Polen unserer Träume“ deutet er nicht wörtlich, aber dennoch unmissverständlich an, Bundeskanzlerin Angela Merkel sei durch dunkle Mächte an die Macht gekommen, schreibt die polnische Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ in ihrer heutigen Ausgabe. „Merkels Wahl war kein Ergebnis bloßer Zufälle,“ heißt es in Kaczynskis Buch und gemeint sei die Stasi, deutet die Gazeta Wyborcza Kaczynskis nebulöse Andeutung. Der Führer der nationalkonservativen Opposition wurde bei einem Interview von Journalisten der polnischen Wochenzeitschrift Newsweek danach befragt, was er mit seiner Aussage meine. „Sie weiß, was ich damit sagen will. Mehr sage ich nicht dazu,“ war seine Antwort. Auch die direkte Frage der Journalisten, ob er der Meinung sei, Merkel sei durch die Stasi an die Macht gehievt worden, beantwortete Kaczynski nicht genauer, widersprach dem aber auch nicht.
Die Meinung der „Gazeta Wyborcza“ ist eindeutig, dort hält man diese Aktion Kaczynskis für mehr als fragwürdig. Dieser Mann wolle schließlich Kaczynski Premier werden und dennoch verscherze er es sich schon im Vornherein mit dem wichtigsten Partner in der EU, was im höchsten Maße unklug sei. Das gelte besonders für eine Zeit, in der die Verhandlungen über das neue EU-Budget anstehen. Die Gazeta Wyborcza meint, da solle man Deutschland eher milde stimmen. Schließlich sei Deutschland der größte Nettozahler und besonders Polen profitiere massiv von den Zuschüssen aus Brüssel, mahnt die Gazeta Wyborcza.
Die deutsche Karte zog Kaczynski schon einmal. Es war im Wahlkampf 2005, auch kurz vor der Wahl, als er aufdeckte, dass Tusks Großvater in der deutschen Wehrmacht gewesen sei. Kaczynski ließ auch damals den Eindruck erwecken, dass Tusks kaschubischer Großvater sich als Reichsbürger freiwillig gemeldet hatte. Für Donald Tusk, der davon überhaupt nichts wusste, war die Zeit zu knapp, Gegenbeweise anzutreten. Das kostete ihn damals den Sieg. Großvater Jozef Tusk, der zuvor schon im KZ Stutthof inhaftiert gewesen war, trat der Wehrmacht nicht freiwillig bei, sondern wurde zwangsweise eingezogen, desertierte später und trat in die polnische Exilarmee ein. Donald Tusk wurde vorgeworfen, einer unpatriotischen Familie zu entstammen. Das geschah beim Präsidentschaftswahlkampf 2005, der ursprünglich haushohe Favorit Donald Tusk verlor knapp gegen Jaroslaw Kaczynskis Zwillingsbruder Lech, der 2010 beim Absturz der Präsidentenmaschine bei Smolensk starb.
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