Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Nun ist es Ostern geworden, und der Sommer naht. Für Polen werden die nun kommenden Monate zu einer Zeit der Entscheidung werden, viele Weichen für die Zukunft werden im Rest dieses Jahres gestellt.
Es beginnt mit dem ersten Mai, dann enden auch die letzten Schutzfristen bezüglich der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU. Polnische Arbeitnehmer werden dann auch in Deutschland ohne weitere bürokratische Hürden eine Arbeit aufnehmen können.
Diesmal sind die Ängste auf Seiten der Deutschen, die sich am liebsten abschotten würden und die Chancen eines offenen Europas nicht begreifen, obwohl alle Wissenschaftler und Sachverständigen bestätigen, dass es keine Überschwemmung des deutschen Arbeitsmarkts mit polnischen Billigarbeitern geben wird. Vielleicht wird e, wenn die erste Aufregung sich gelegt hat, nun zu der lange erhofften gegenseitigen wirtschaftlichen Befruchtung und Zusammenarbeit auf beiden Seiten der Oder führen.
Das nächste wichtige Datum für Polen wird der 1. Juli werden. Dann übernimmt Polen turnusgemäß erstmalig den EU-Ratsvorsitz und soll in dieser Zeit eigene Akzente setzen. Längst hat das Gezerre eingesetzt, von den Ansprüchen der Kirche hier die Richtung vorzugeben, bis zu den Attacken der PiS mit teils absurden Forderungen reicht der Dauerdruck auf die Regierung. Vor allem besteht die Gefahr, dass diese Chance der EU-Ratspräsidentschaft nicht genutzt werden kann, der Welt und vor allem Europa das Bild eines modernen Polens zu präsentieren.
Es ist durchaus möglich, dass dieses halbe Jahr der Ratspräsidentschaft vom Wahlkampf, der bereits am 10. April, dem Jahrestag der Flugzeugkatastrophe von Smolensk einsetzte, überschattet wird und es mehr um Smolensk und die Vergangenheit, als um die Gestaltung der Zukunft des Landes geht.
Im Herbst dann ist Parlamentswahl in Polen. Das Land ist zutiefst gespalten und die Auseinandersetzungen zwischen Polen A in den westlichen Landesteilen, den großen Städten und unter den besser gebildeten Polen und dem Polen B der PiS-Anhänger im Osten und in den ländlich geprägten Gegenden des Landes drohen so erbittert zu werden, wie nie zuvor.
So sind diese folgenden Monate tatsächlich für Polen auch die Zeit grundsätzliche Zukunftsweichen zu stellen. Die Entscheidung ist nun fällig zwischen einem Polen, das in der vergangenheitsbezogenen xenophoben und explizit EU-skeptischen Weltsicht der PiS von Jaroslaw Kaczynski verharrt und sich abkoppelt von den Zukunftsentwicklungen und einem Polen, das eine der Zukunft zugewandte offene, tolerante Bürgergesellschaft herausbildet und eine tragende Rolle als zuverlässiger europäischer Partner wahrnimmt.
In diesem Sinne
Ihre
Brigitte Jäger-Dabek
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