Smolensk teilt Polen wie eine Mauer

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Absturz der polnischen Präsidentenmaschine in Smolensk, Foto: Bartosz Staszewski CC-BY-SA-2.5

Polen sei ein Land, das wie durch eine Mauer geteilt sei, reümmierte der Publizist Pawel Reszka im renommierten katholischen Wochenblatt Tygodnik Powszechny. Der gesellschaftliche Krieg um Smolensk sei kein authentischer Konflikt, sondern vielmehr ein Polittheater, meint Reszka.

Der Tag des Absturzes der polnischen Präsidentenmaschine jährt sich heute zum dritten Mal. Am 10. April 2010 war die Maschine mit einer hochrangigen polnischen Delegation zu einer Gedenkfeier nach Katyn unterwegs Landen sollte die Maschine im nahen westrussischen Smolensk Neben dem Präsidentdentpaar Lech und Maria Kaczynski starben 94 weitere hochrangige Politiker, Militärs und Angehörige der polnischen Elite

In den Wäldern um Katyn wurden 1940 rund 25.000 polnische Offiziere von sowjetischen NKWD-Einheiten ermordet. Dem Massenmord zugrunde lagen damals Befehle von Stalin und dem Politbüro der KPdSU. Katyn wurde zum polnischen Trauma und einer bis heute nicht verheilten Wunde in den russisch-polnischen Beziehungen. Bereits vor dem Unfall von Smolensk war „Katyn“ zum Symbolwort für durch den Hitler-Stalin-Pakt erst in dieser Form möglich gewordenen russisch-sowjetische Verbrechen am polnischen Volk und dem Leiden Polens unter dem neben den Deutschen zweiten übermächtigen Nachbarn.

Genauso ein Ortsname, der zum Symbolwort des ewigen polnischen Opfermythos wurde, ist mittlerweile „Smolensk“ geworden. Von vielen Polen vor allem von Medien und Politikern des nationalkonserrvativen und nationalkatholischen Lagern wurde Smolensk religiös überhöt und in die Nähe der Kreuzigung gestellt,

In den vergangenen drei Jahren gab es auf Regierungsseiten schwere Fehler bei den Ermittlungen der Absturzursachen und dem Umgang damit. Sogar solch haarsträubende Pannen, wie das Vertauschen von Leichen der Absturzopfer kamen vor. Dazu kam die nur für Putin größtmögliche Offenheit bei den Untersuchungen, die aber mit den Standards eines demokratischen Rechtsstaats wie Polen nicht zu vergleichen sind. Der Dauerstreit um die Absturzursache ließ in nicht unerheblichen Teilen das Vertrauen zur Aufarbeitung des Absturzes durch die Regierungsstellen schwinden.

Dem begegneten die nationalkonserrvativen und nationalkatholischen Lager mit einer für ihre Zwecke genialen Idee: der Verschwörungstaktik. Demnach war der Absturz kein Unfall sondern ein perfider Mordanschlag dunkler Mächte und dafür hätten Putin und der polnische Regierungschef Tusk paktiert. Das absurde Szenario fand Anhang – bis heute glaubt fast jeder dritte Pole daran, berichten Meinungsumfragen.

Zwei Lager verfestigten sich. Die einen im Regierungslager, die sachliche Gründe und plausible Theorie suchen, sehen Pilotenfehler als Hauptabstuirzursache. Smolensk hätte bei diesen Wetterbedingungen nicht angeflogen werden dürfen. Die anderen im Lager des Zwillingsbruders Jaroslaw Kaczynski des abgestürzten Präsidenten Lech Kaczynski sehen ein Mordkomplott und Hochverrat als Grund für den Tod der 96 Opfer.

Beide Seiten seien nicht unschuldig am hochemotionalen Medienkrieg. Es reichte beiden Seiten  nicht, dass dieser Absturz das schwerste Unglück der polnischen Nachkriegsgeschichte war, meint der Publizist Reszka, beiden haben sich der Katastrophe von Smolensk auch noch im Wahlkampf zur Wählergewinnung bedient. So sei es zu dieser tiefen Teilung Polens gekommen, in der auf der einen Seite die Hochverräter stünden, die voll Verachtung auf die andere Seite schauen, auf welcher der nationale Wahn steht. Der Bürger müsse vollends am nicht mehr funktionierenden Staat verzweifeln, in dem Smolensk die Aufmerksamkeit von den wirklich wichtigen zu lösenden politischen Problemen wie dem Steuer- oder Rentensytem abziehe, schreibt Reszka im Tygodnik Powszechny und plädiert für ein Ende des Theaters.

Weiter befeuert wurde das Thema Smolensk und die leidenschaftliche Diskussion bereits am Montag, als der öffentlich-rechtliche Fernsehsender TVP zur Prima Time. Die Spaltung weiter vertieften die beiden ab 20:25 Uhr ausgestrahlten Filme. Der erste Film war eine Dokumentation des Privatsenders National Geographic gesendet, der sich sachlich mit dem Thema auseinandersetzte und sich emotionslos auf polnische und russische Untersuchungsergebnisse stützt.

Anatomia Upadku, die Anatomie eines Untergangs folgte um 21:28. Dieser Film von Anita Gargas basiert nicht auf diesen zugänglichen Untersuchungsergebnissen, er stellt wo immer dies möglich ist, Spekulationen an und führt den Zuschauer überdeutlich zu dem Schluss, es habe sich bei der Katastrophe um einen Anschlag gehandelt. Er stützt sich dabei auf Antoni Macierewicz und dessen Aussagen. Der ultranationalkonservative Macierewicz ist  Vorsitzender des PiS-Parlamentsausschusses, der die Absturzursache klären soll und die Verschwörungs- und Sabotagetheorie stützt.

 

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Über Brigitte Jaeger-Dabek 1605 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".